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Definition:

Forensic Readiness


Was ist Forensic Readiness?

Forensic Readiness beschreibt die technische und organisatorische Fähigkeit eines Unternehmens, digitale Spuren nach einem Sicherheitsvorfall effizient, strukturiert und rechtssicher zu erfassen und auszuwerten. Ziel ist es, im Ernstfall zeitnah auf Vorfälle reagieren und Beweise erheben zu können, ohne dabei Abläufe zu unterbrechen oder rechtliche Anforderungen zu verletzen.

Im Gegensatz zur reaktiven Forensik schafft Forensic Readiness proaktiv eine Infrastruktur, die eine umfassende, belastbare Untersuchung ermöglicht. Das umfasst Richtlinien, Tools, Schulungen und Prozesse zur gezielten Datenerhebung sowie zur rechtssicheren Weitergabe forensischer Informationen an Ermittlungsbehörden oder Gerichte.


Technischer Aufbau & Varianten

Zentrale Komponenten:

  • Log-Management: Zentrale Log-Server (z. B. über SIEM), Write-Once-Medien, verschlüsselte Speicherung

  • Beweissicherung: Snapshot-Funktionalitäten, forensische Images, Zeitstempel & Chain-of-Custody-Dokumentation

  • Datenschutz & Integrität: Hash-basierte Verifikation (z. B. SHA-256), Zugriffskontrollen, Audit-Trails

Wichtige organisatorische Elemente:

  • Policies & Retention-Zeiten für Logdaten und Protokolle

  • Eskalationspläne & Playbooks im Rahmen von Incident Response

  • Rollenverteilung für forensisch geschulte Mitarbeiter

  • Kommunikationsprotokolle, um Informationslecks und rechtliche Risiken zu vermeiden

Tools & Plattformen:

  • Autopsy, X-Ways, Volatility Framework, FTK Imager

  • SIEM-Systeme wie Splunk, QRadar, ELK

  • Cloud-Forensik-Funktionen (z. B. AWS CloudTrail, Azure Log Analytics)


Relevanz in der Praxis

Forensic Readiness ist entscheidend für:

  • Minimierung der Reaktionszeit bei Sicherheitsvorfällen

  • Sicherstellung gerichtsfester Beweise

  • Vermeidung von Kosten durch ineffiziente Spurensicherung

  • Schutz des Unternehmensimages durch kontrollierte Vorfallbearbeitung

  • Optimierung der Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden

Unternehmen, die regelmäßig Penetrationstests oder Red-Teaming durchführen, profitieren von forensisch vorbereiteten IT-Systemen, da bei simulierten Vorfällen realitätsnahe Spuren erhoben und ausgewertet werden können.


Standards & regulatorische Anforderungen

  • ISO/IEC 27037: Leitlinie zur Beweissicherung digitaler Informationen

  • ISO/IEC 27035: Incident-Handling und Reaktionsprozesse

  • ISO/IEC 17025: Anforderungen an Prüf- und Kalibrierungslabore für gerichtsfeste Beweise

  • DSGVO – Art. 5(1)(f): Integrität & Vertraulichkeit bei der Datenverarbeitung


Verwandte Begriffe


Beispiel aus der Praxis

In einem internationalen Produktionsunternehmen wurde bei einem mutmaßlichen Ransomware-Angriff die forensische Analyse durch verteilte Logserver und eine vorab getestete Incident-Response-Policy beschleunigt. Innerhalb von Stunden konnten die Angriffsvektoren identifiziert, isoliert und die kompromittierten Systeme nach ISO-konformen Beweissicherungsstandards analysiert werden.